#67: Wenn der Stress dich stresst – Ein wichtiger Tipp um Ruhe zu finden im stürmischen Alltag

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3 Tage für mehr mentale und körperliche Gesundheit

Vor zwei Wochen durften mein Kollege Edgar Blawatt und ich einen 3-tägigen Bildungsurlaub bei der VHS in Langenfeld geben.

Unser Fokus waren die beruflichen Herausforderungen – aber natürlich spielen auch die persönlichen Themen eine große Rolle.

Wenn wir gerade durch eine Trennung gehen, oder ein geliebter Mensch gestorben ist oder wir Sorgen um unsere Kinder oder andere nahestehende Familienangehörige haben, dann stellt das eine riesige Belastung dar.

Aber aber auch die großen Highlights im Leben, so wunderbar wie sie sind, können unser inneres Gleichgewicht herausfordern:

Eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes, der Bau eines Eigenheims – und vieles mehr.

Vielleicht bist du auch gerade in einer der folgenden Situationen: 

Dein Kind wird flügge und zieht aus. 

Du wechselst den Job und bist gespannt auf all das Neue, was auf dich zukommt.

Oder: Du stehst am Ende deiner beruflichen Laufbahn und blickst jetzt auf den wohlverdienten Ruhestand.

In all diesen Fällen ist unsere Anpassungsfähigkeit gefordert. Wir brauchen unsere Stärken und noch einiges mehr, um gut durch diese Situationen hindurch zu kommen.


In dieser Episode erfährst du:

  • warum Menschen bei gleicher Stress-Belastung ganz unterschiedlich gestresst reagieren,
  • was das Erfolgsgeheimnis jener ist, die trotz Druck nur mäßig belastet sind, 
  • und wie du selbst deinen Stresslevel deutlich senken kannst.

Zum Schluss bekommst du von mir einen praktischen Tipp,
mit dem du sofort mehr Stabilität, Ruhe und Gelassenheit in dein Leben bringen kannst.


Jeder Jeck ist anders

Jeder Jeck ist anders – so sagt man im Rheinland.

Und das stimmt natürlich. Deshalb ist Stress auch nicht gleich Stress.

Was für den einen ein riesiger Sturm ist, durch den man das Lebensschiff navigieren muss, kommt dem anderen vor wie ein laues Lüftchen.

Denn während manche Menschen, bildlich gesprochen, über einen windschnittigen Zweimaster mit allen Schikanen verfügen, der sie durch die Unwetter des Alltags bringt, sitzen andere gefühlt in einer Nussschale, ohne Schwimmweste und echte Steuerungsmöglichkeit.

Woran liegt das? 

Jeder Mensch hat eine individuelle Vulnerabilität (Anfälligkeit für Verletzungen). 

Das hängt von verschiedenen Aspekten ab. 

Bleiben wir beim Bild vom Schiff: Da sind zunächst unsere Gene. Diese sind quasi das Material, aus dem der Schiffsrumpf gebaut ist. Manche Menschen kommen sozusagen mit einem massiven Stahlrumpf auf die Welt.
Andere haben eine sehr viel dünnere Schiffshaut, die empfindlicher auf Wind, Wellen und das Klima reagiert. 

Mancher Schiffsrumpf ist schnell und windschnittig, ein anderer eher dafür gedacht, als Eisbrecher unterwegs zu sein.
Das Anderssein ist keine Schwäche, sondern einfach die biologische Ausgangslage

Jeder Mensch bringt seine persönlichen Eigenarten und seine einzigartige Persönlichkeit mit auf die Welt.

Dann haben wir vielfältige Erfahrungen – das sind die Seekarten, mit denen wir uns durch das Leben navigieren. Unsere Seekarten spiegeln die Erlebnisse, Erinnerungen und Muster, die wir im Laufe unseres Lebens erworben haben. Wenn wir viel Unterstützung, Sicherheit und Zuwendung erfahren haben, dann haben wir einen soliden Schatz an hilfreichem Kartenmaterial. 

Aber auch, wenn wir Verluste, Kritik oder Unsicherheiten dafür nutzen konnten, unser Kartenmaterial zu aktualisieren und zu erweitern, hilft uns das enorm, um durch die raue See zu schippern. 

In der Psychologie nennen wir das „Posttraumatisches Wachstum“, wenn Menschen nach einem Schicksalsschlag oder Trauma eine neue innere Haltung, mehr Sinnhaftigkeit und Stärke entwickeln.

Schwer hat es der- oder diejenige, die mit veralteten Karten unterwegs sind oder aber Karten dabei haben, die ausschließlich Routenpläne für die Ägäis enthalten, während wir gerade Kap Hoorn umrunden wollen. 

Unsere Erfahrungen prägen, wie wir Belastungen interpretieren und welche Schutzfaktoren wir aktivieren können.

Apropos Ägäis oder Kap Hoorn: Unsere Umwelt spielt natürlich auch eine Rolle. 

Wo ist unser Lebensschiff unterwegs? Die Umrundung von Kap Hoorn – der Südspitze Südamerikas – gilt als eine der größten Herausforderungen der Seefahrt. Kap Hoorn liegt dort, wo der Atlantik und der Pazifik aufeinandertreffen. Diese Meeresgebiete gehören zu den stürmischsten der Welt. Orkanartige Winde (bis zu 120 km/h), plötzliche Wetterumschwünge und Regenfronten sind normal. Es gibt Wellen bis zu 25 Metern Höhe, Nebel und Eisberge. 

Für die Seeleute an Bord bedeutet das: ständige Wachsamkeit, kein sicherer Moment.

Das Wasser in der Ägäis ist türkisblau, die Häfen reizvoll, das Wetter oft sonnig. Ein beliebtes Segelrevier für die Ferien mit wunderschönen Eindrücken. Aber auch dieses Segelrevier hat nautisch seine Herausforderungen: 

Das prägende Merkmal der Ägäis ist der Meltemi, ein trockener, kräftiger Nordwind. Der Meltemi bringt erfrischende Kühle, heiteres Wetter und klare Sicht mit sich. Er kann sich aber auch zu starken Böen steigern, speziell in den Meerengen und an den Kaps.

Was ich damit sagen will: Es spielt für unsere Gesundheit und unser Stresserleben eine große Rolle, ob wir in der - relativen - Sicherheit der westlichen Welt aufwachsen oder in einem Kriegsgebiet leben, indem wir existenziell stets am Limit sind. 


Warum sind manche Menschen belastbarer?

Im Resilienz-Seminar haben wir unseren Teilnehmenden das sogenannte Vulnerabilität-Stress-Modell vorgestellt. 

Es erklärt, warum manche Menschen in Belastungssituationen psychisch stabil bleiben, während andere ins Ungleichgewicht geraten. 

Wie gerade anhand anhand des Beispiels beschrieben, hat jeder Mensch hat eine ganz individuelle Vulnerabilität – geprägt durch seine biologischen Faktoren, das soziale Umfeld mit allen Erfahrungen, die wir darin gewinnen und die Umwelt, in der wir leben.

Nun sind wir also so, wie wir geprägt wurden. Mehr oder weniger belastbar. Und dann begegnet uns das Leben in der Erwachsenenwelt. 

Während der/die eine es anstrengend findet, einen 8-Stunden-Job plus Haushalt zu bewältigen, bleibt jemand anderes auch dann gelassen, wenn sich dazu noch 2 Kinder und eine zu pflegende Schwiegermutter gesellen.

Es gibt Menschen, die ein kritisches Feedback bei der Arbeit dazu nutzen, um daran zu wachsen und sich weiter zu entwickeln, es gibt Menschen, die werden daran krank.

Bei Trauer gibt es Menschen, die nach ein paar Wochen wieder funktionieren können im Sinne von Aufstehen, Arbeiten, Einkaufen, andere brauchen Monate oder Jahre, um nicht mehr vollständig von den Wellen der Trauer überrollt und gelähmt zu werden. 

Es ist also sehr unterschiedlich, was unser inneres System ins Wanken bringt, wie sehr wir dadurch aus der Bahn geworfen werden und für wie lange.

Oft ist es auch nicht DAS eine große Ereignis, sondern das Erleben von Zeitdruck, vielfältigen Erwartungen (auch die eigenen Erwartungen spielen hier eine große Rolle!), ständigen Veränderungen und Unsicherheiten, was uns Stress macht.

Kleinvieh macht auch Mist, und so können viele kleine Belastungen uns letztendlich ganz gewaltig stressen.

Doch was können wir tun?


Wie können wir konstruktiv mit zu viel Stress umgehen?

Das Vulnerabilität-Stress-Modell zeigt, dass wir zwei Möglichkeiten haben, auf Stress einzuwirken.

Wir können entweder die Stressfaktoren in unserem Leben reduzieren oder aber: Unsere Schutzfaktoren, unsere stärkenden Ressourcen erhöhen.

Ideal ist natürlich beides.

In der Episode 66 von Coffee or Tea hast du Tipps bekommen, wie du Stressoren reduzieren kannst. Es ging da um die sogenannten „Inneren Antreiber“, die dazu führen, dass bestimmte Stressoren überhaupt zu solchen werden können: 

Wir erlauben uns nicht, NEIN zu sagen – und bekommen dadurch mehr und mehr Aufgaben aufgebürdet.

Wir wollen zu 100 % perfekt sein – und können aus Prinzip niemals Fünfe gerade sein lassen. Das kostet viel Zeit und Energie.

Wir sind davon überzeugt, dass rostet wer rastet – und halten uns permanent mit To Do-Listen beschäftigt.

Wir sind stolz auf unsere ganz besondere Stärke und Ausdauer – und laden uns viel zu viel auf unsere Schultern oder lassen uns von niemandem helfen.

Wir leben nach dem Motto „Ohne Fleiß kein Preis“ und sind der Meinung, dass Dinge, die uns mühelos und mit Leichtigkeit gelingen, nichts wert sind.

Das sind ein paar Beispiele für die Wirkung der inneren Antreiber

Welcher ist bei dir besonders aktiv? Achte doch mal darauf!

Was ich persönlich besonders wichtig finde: Nicht nur auf die Seite der Stressoren zu schauen, sondern immer auch die Seite der Schutzfaktoren im Blick zu haben.

Hier sitzen deine Kraftspender!

In unserem Bildungsurlaub haben wir festgestellt: Da gab es  Teilnehmer:innen, die auf der Stressoren-Seite eine Menge Gewicht hatten: Einen sehr eng getakteten Zeitplan an jedem Tag, sehr viel Verantwortung im Job bei sich ständig ändernden Bedingungen, viele Erwartungen, die andere Menschen an sie stellen und auch ein hoher Anspruch, den diese Personen an sich selbst hatten – und trotzdem war ihr persönlicher Stress-Level nur mittelhoch.

Woran liegt das?

Diese Teilnehmer:innen haben auf der Seite der Schutzfaktoren enorm aufgerüstet, im besten Sinne des Wortes. 

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis?

Schauen wir es uns mal an: 

Erstens: Sie haben eine hohe Selbstwirksamkeit. Selbstwirksamkeit bedeutet:

„Ich bin überzeugt, dass ich selbst etwas bewirken kann –
dass mein Handeln Einfluss auf das Ergebnis hat.“

 Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung

  • lassen sich durch Rückschläge weniger entmutigen, sie haben einen Grundoptimismus, der sie zuversichtlich bleiben lässt.
  • übernehmen Verantwortung für ihr Handeln,
  • reflektieren, was sie lernen können, statt was sie verlieren. Sie schauen vor allem nach vorne statt zurück.

Selbstwirksamkeit ist ein wichtiger Faktor von Resilienz.
Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit erleben Krisen nicht als allumfassenden Kontrollverlust, sondern als Gestaltungsaufgabe:

„Ich kann nicht alles beeinflussen – aber ich kann entscheiden, wie ich damit umgehe.“

Zweitens: Die Teilnehmer:innen kennen und nutzen ihre Stärken

Zu wissen: Was kann ich? Was tue ich gerne? Was fällt mir leicht? Wobei fragen mich andere gerne um Rat? Das ist ein guter Indikator für die eigenen Stärken.

Drittens: Die Teilnehmer:innen vertrauen auf eine gute und liebevolle soziale Unterstützung. Das bedeutet: Sie pflegen ihre Beziehung und nehmen sich Zeit für ihre Partnerschaft. Und wenn sie nicht in einer Partnerschaft leben, dann pflegen sie auch unter Stress aktiv ihre Freundschaften und sorgen für regelmäßige Treffen und einen Austausch, der sich nicht nur um die Arbeit dreht.

Viertens: Bei der Gestaltung ihres Tages helfen ihnen gesunde Routinen: Sie planen Zeit ein für ihre Kraftspender: 

  • für 10 Minuten Achtsamkeit zur Fokussierung am frühen Morgen, 
  • für eine kurze Yoga-Session im Anschluss oder am Abend vor dem Schlafengehen, 
  • für kurze Trinkpausen über den Tag hinweg,
  • für Fußwege und anderes Bewegungstraining,
  • und mindestens einmal am Tag für eine ruhige, bewusst genossene Mahlzeit mit lieben Menschen.


Sie pflegen Dankbarkeitsrituale.

Und fünftens: Sie vergessen nicht zu lachen. Sie suchen aktiv nach Begebenheiten, die sie zum Lachen bringen. Und sie lachen auch mal über sich selbst.

Hier noch ein Punkt sechs: Außerdem hatten alle Personen ein Ehrenamt. Helfen im Ehrenamt ist ein großer Sinnstifter im Leben.

Das sind die wichtigsten echten Schutzfaktoren. 


Achtung!

Nun kommt jetzt ein großes ACHTUNG, und das ist sehr wesentlich: Menschen unter hohem Stress verlieren häufig diese echten Schutzfaktoren aus dem Blick und vertrauen zum Stressabbau den falschen Ressourcen.

Was sind falsche Ressourcen? Es sind Dinge, die wir unter Stress einsetzen, um vermeintlich Druck abzubauen und Unterstützung zu bekommen, die uns aber letztendlich schaden und krank machen können:

  • Wir trinken mehr Kaffee als sonst, 
  • wir hauen uns in der knappen Freizeit zur Entspannung vor die Glotze, 
  • wir erhöhen den Zigarettenkonsum, um mal Zeit für eine Pause zu haben, 
  • wir essen Fast Food oder ein Butterbrot am Schreibtisch, um keine Zeit für eine ausgiebige Mahlzeit zu verplempern, 
  • wir bewegen uns zu wenig und nehmen ein Medikament oder Wärmekissen gegen die Verspannungsschmerzen,
  • wir trinken Wein oder Bier, um überhaupt abschalten zu können.


Natürlich gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift. Bitte daran denken: Echte Ressourcen tragen zur Gesundheit bei, falsche Ressourcen schädigen uns auf lange Sicht. Sie erhöhen die Belastung statt sie zu reduzieren.

Und hier kommt jetzt mein Tipp für dich: 


Erhöhe deine echten Schutzfaktoren!

Was kannst du aktiv beeinflussen in deinem Leben? Nutze diesen Einfluss für dich. 

  • Du könntest damit anfangen, weniger Kaffee zu trinken. 
  • Mehr kleine Pausen in den Tag einzubauen – einfach mal 3 Minuten für eine Trinkpause. Höre gerne dazu auch den Podcast Nr. 7: Drei einfache Tipps für bessere Pausen.
  • Oder du könntest morgens direkt nach dem Aufwachen 5 Minuten meditieren. 
  • Du könntest im Sinne der Antreiber auch überlegen: Wo sagst du mal NEIN, damit du ein bisschen Zeit für dich gewinnst. Trag dir deinen Termin für dich fest in den Kalender ein.
  • Arbeite vermehrt mit deinen Stärken, damit du dich nicht so anstrengen musst. Wenn du deine Stärken nicht kennst, dann frage andere Menschen danach, welche Stärken sie bei dir entdecken können.
    Zum Thema „Stärken stärken“ kannst du dir gerne auch noch mal die Episode Nr. 59 von „Coffee or Tea“ anhören: Wie die Positive Psychologie dein Leben bereichert
  • Vielleicht ist es auch eine Idee, einen festen Abend in der Woche für dich und deinen Partner freizuhalten, damit ihr mal wieder Zeit füreinander habt, die ihr ganz bewusst miteinander teilt.


Fang klein an, mit einer Sache. Nächste Woche kannst du es dann steigern.

Apropos Partnerzeit – das bringt uns schon zum nächsten Punkt, den sozialen Beziehungen. 

  • Pflege deine Lieblingskontakte. Schreib mal eine Postkarte und sag „Hallo“ zu einem Menschen, den du magst.
  • Ruf eine Freundin an, von der du lange nichts gehört hast.
    Verabrede dich auf ein Getränk, ein Abendessen oder einen Spaziergang.


Egal wie gestresst du bist, nimm dir trotzdem Zeit für die Menschen, die dir gut tun.

Der nächste Aspekt: Welche gesunden Routinen magst du fest in den Alltag einbauen?

  • Ein großes Glas Wasser am frühen Morgen, 
  • eine bewusst genossene Mahlzeit pro Tag, 
  • eine Bewegungsrunde in der Mittagspause?


Pflege deine gesunden Routinen.


Und lache, wann immer es etwas zu lachen gibt.

Und falls es an einem Tag mal nicht geklappt hat - dein Anfängergeist zählt! Fang am nächsten Tag von neuem an. Du hast ja den Rest deines Lebens Zeit dafür.

Alles Liebe, deine Ursula

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