#63: „Hilfe, ich bin nicht gut genug!“ Tipps für das Hochstapler-Syndrom

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Oh je, wenn die anderen wüssten, wie ich wirklich bin …“

Solche Gedanken kennt fast jeder. Dahinter steckt die Angst, entlarvt zu werden: Viele Menschen glauben innerlich – trotz objektiver Erfolge in der Außenwelt – nicht wirklich kompetent oder erfolgreich zu sein. 

„Eines Tages werden die anderen herausfinden, dass ich gar nicht so schlau bin, wie sie denken. Sie merken heraus, dass ich insgeheim ein Betrüger, eine Betrügerin bin.“

Diese Angst hat einen Namen: Hochstapler- oder Imposter-Syndrom

Du erfährst heute:

  • Was genau das bedeutet und wen es besonders häufig betrifft
  • Wie dir unsere ABC-Methode aus der letzten Episode dabei helfen kann, die Sorge, als Hochstapler:in enttarnt zu werden, zu entkräften und weniger perfektionistisch zu sein
  • Und wie du aus der Selbst-Abwertung herauszufinden kannst - ganz konkret und kraftvoll.

Am Ende der Episode bekommst du noch eine schöne Methode, um dich selbst zu coachen und dabei authentischer, zufriedener und kraftvoller zu werden.


Wer ist betroffen?

Das Hochstapler- oder Imposter-Syndrom tritt bei ganz, ganz vielen Menschen auf – und besonders häufig bei denen, die einen sehr hohen Anspruch an sich selbst haben. Sie wollen keine Fehler machen, sind oft perfektionistisch und können sich eigene Schwachstellen sehr schlecht verzeihen.

Viele Frauen in männlich dominierten Berufen, Führungsetagen, wissenschaftlichen Feldern oder in der Selbstständigkeit berichten darüber, dass es ihnen schwer fällt, ihre Leistungen mit dem eigenen Können und der eigenen Kompetenz zu verknüpfen.

Aber auch Männer sind nicht frei davon. Sie beschreiben das Phänomen „Ich gehöre hier eigentlich nicht hin - hoffentlich merkt es keiner“ zwar seltener als Frauen, das mag aber daran liegen, dass sie sich diese Gedanken nicht zugestehen. Denn wir wissen: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ und „Nur die Harten kommen in’ Garten“.

Mädchen werden oft dazu erzogen, „bescheiden“, „lieb“ und „nicht zu fordernd“ zu sein. 

Ehrgeiz wirkt bei Jungen und Männern kompetent, bei Mädchen und Frauen schnell zickig, überambitioniert oder arrogant.

In meiner Generation galt es als sympathisch, sich als Frau nicht hervorzutun, und bitte auch nicht zu erfolgreich zu sein. Oder es zumindest nicht an die große Glocke zu hängen.

Ich kann mich auch gut daran erinnern, dass es vor 20 Jahren in der Grundschule meiner jüngeren Tochter einen Jungen gab, der bekam von der Lehrerin die Zuschreibung „unser Mathe-Genie“, wenn er eine Eins schrieb. Und den Mädchen wurde gerne mal gesagt: „Glück gehabt!“, wenn eine sehr gute Note unter der Arbeit stand. Oder: „Da warst du aber fleißig.“

Und hier kommen wir wieder zu unserem ABC aus der letzten Episode: Den Bewertungen - von außen und vor allem von innen.

Unter der Klassenarbeit steht ein „Sehr gut“. Das ist die Auslöse-Situation. Und nun kommt das Entscheidende: Wie erklärst du dir diese Note? 

Ich zeige dir zwei Möglichkeiten. 

Erklärung 1: Zu recht eine Eins bekommen! Denn:

Du kennst dich aus mit dem Thema.

Es liegt dir und macht dir Spaß.

Du hast effektiv gelernt.


Oder Erklärung 2: Ist es wirklich wahr? Du kannst es kaum glauben.

Obwohl: Du hast ja Tag und Nacht gelernt.

Aber vielleicht hat die Lehrerin irgendwelche Fehler übersehen und du hattest einfach Glück.

Und: Eigentlich verdient deine Mutter, mein Vater die Eins, denn sie haben mit dir geübt.


Die Erklärung macht den Unterschied!

Bei 1 schreibst du deinen Erfolg dir selbst zu. Die gute Note ist auf deine Kompetenz zurückzuführen - fachlich und strategisch. Entsprecht ist die Konsequenz: Du weißt, was du kannst und darfst mit Zuversicht auf die nächste Herausforderung schauen.

Bei 2 wirst du dich vermutlich nicht besonders doll über das „Sehr Gut“ unter der Arbeit freuen. Die Konsequenz: Es überwiegt schon jetzt die Sorge: Wie wird es beim nächsten Mal? Schaffe ich das noch mal? Denn den Erfolg schreibst du dir nicht selbst zu sondern den Umständen.

Das ist jetzt ziemlich plakativ dargestellt.

In Wirklichkeit ist die Situation natürlich viel komplexer. 

Unser Selbstbild hängt davon ab, was wir zuhause hören, welche Werte uns vermittelt werden, was wir in der Schule erleben, welche Erfahrungen wir mit unseren Freunden machen, wieviel Wirksamkeit wir mit dem erzeugen, was wir tun. Es sind soziale Skripte, die unsere Vorstellung über uns selbst prägen.

In der letzten Episode von „Coffee or Tea“ habe ich gesagt:

Dein Selbstbild ist ein enorm starker Filter, der sich über jede einzelne Situation im Alltag legt. Dein Selbstbild beeinflusst, wie du denkst, fühlst, handelst – und welche Erwartungen du hast, wie du dabei von anderen wahrgenommen wird.

Wenn du nun im Laufe deines Lebens gelernt hast, das man immer noch ein Schüppchen drauf legen muss, um gut genug zu sein, dass es trotzdem nie so richtig perfekt ist und dass Leistung große Anstrengung bedeutet, dann kann es sein, dass dich das Hochstapler-Syndrom erwischt: 

Du glaubst trotz objektivem Erfolg, dass die anderen eines Tages herausfinden, dass du doch nicht so gut bist, wie sie glauben.


Was "Hochstapler:innen" denken

Typische Hochstapler-Gedanken sind:

  • „Ich bin gar nicht so kompetent, wie alle denken. Ich hab’ mich einfach reingekniet.“
  • „Mein:e Chef:in hat mir den Weg bereitet.“
  • „Ich hatte auch viel Glück dabei.“
  • „Ich hab halt mehr gekämpft als die anderen.“
  • „Ich darf keinen Fehler machen – sonst fliegt alles auf.“

Wenn ich das sage, dann merkst du vielleicht: 

Du bist im Erklärungsmuster 2. Du führst deinen Erfolg auf die äußeren Umstände, extreme Anstrengung, Glück oder Zufall zurück. 

Das hat verschiedene Nachteile:

  • Es fällt dir schwer, Lob wirklich zu verinnerlichen.
  • Dein Perfektionismus-Anspruch wächst - und damit auch die Angst, einen Fehler zu machen.
  • Du betonst deinen Fleiß statt deine Kompetenz, das heißt, du arbeitest härter und mehr, als gut für dich ist. Gleichzeitig sendest du unterschwellig die Botschaft: „Ich bin nicht wirklich gut. Ich gebe mir aber ganz viel Mühe.“
  • So entsteht der Glaubenssatz: „Ich muss immer noch mehr leisten, um dran zu bleiben.“


Deine eigene Kompetenzen klar zu erkennen und zu benennen ist ein wichtiger Selbstwert-Booster. 

Der erste und allerwichtigste Schritt ist in dem Moment getan, wo du dir nicht mehr alles glaubst, was du denkst.

Das ist wirklich das Allerwichtigste!

Ich habe es schon öfter gesagt: Unser Gehirn versorgt uns zuverlässig mit 60.000 - 80.000 Gedanken am Tag. Sie bilden unsere innere Realität ab. 

Und das heißt: Unser Wissen und unsere Erfahrungen - die guten wie die schlechten, erzeugen über die Gedanken Bewertungen. Von äußeren Situationen und inneren Befindlichkeiten.

Aber inzwischen weißt du: Diese Bewertungen müssen nicht der äußeren Realität entsprechen. Es kann passieren, dass wir Situationen negativer einschätzen, als sie sind. Und das passiert beim Hochstapler-Syndrom. 


Wir glauben, der andere sehe uns kritisch, unzulänglich oder als nicht genug – doch was wir dabei spüren, ist nicht unbedingt sein Blick, sondern unser eigener innerer Zerrspiegel. Was wir für die Meinung des anderen halten, ist häufig das Echo unserer eigenen Selbstzweifel.

Bevor du also glaubst, jemand lehnt dich ab:

Frag dich ehrlich – lehne ich vielleicht gerade einen Teil von mir selbst ab? 

Oder: Habe ich früher die Erfahrung gemacht, dass mich jemand abgelehnt hat und reproduziere ich diese Erfahrung gerade?

Manchmal ist der andere gar nicht der Spiegel –
sondern nur die Fläche, auf der wir unsere inneren Geschichten projizieren.

Und wir meinen dann, wir müssen uns noch mehr anstrengen, noch perfekter werden, noch stärker oder schneller sein.


Reframing hilft

Vielleicht hilft dir hier ein kleines Reframing, das heißt eine positive Umdeutung der anstrengungsbetonten inneren Glaubenssätze, die darauf abzielen, dass nicht dein Können sondern nur extreme Anstrengung zum Ziel führt. Damit kannst du deine Kompetenz selbstbewusst ausdrücken, ohne arrogant zu wirken.

Mal angenommen, du hast an einer komplexen Aufgabe gearbeitet.

Dein:e Vorgesetzte:r sagt: „Das war ein voller Erfolg. Super gemacht!“

Wie bewertest du diese Rückmeldung?

Anstrengungsbetont: „Ich hab einfach viel daran gearbeitet.“

Kompetenzbetont: „Ich arbeite strukturiert und lösungsorientiert – das war hier entscheidend.“


Anstrengungsbetont: „Ich hab das gut hingekriegt, weil ich mich so richtig reingehängt habe.“

Kompetenzbetont: „„Ich konnte meine Erfahrung in diesem komplexen Projekt gezielt einsetzen.“


Anstrengungsbetont: „Ich war halt gründlich.“

Kompetenzbetont: „Ich achte auf Details und habe ein hohes Qualitätsbewusstsein.“


Anstrengungsbetont: „Ich hab einfach versucht, mein Bestes zu geben.“

Kompetenzbetont: „Ich wusste, worauf es ankommt - und habe das gezielt umgesetzt.“


Anstrengungsbetont: „Ich hatte Glück, dass es gut lief.“

Kompetenzbetont: „Ich habe die Situation realistisch eingeschätzt und entsprechend gehandelt.“


Warum ist der Unterschied so wichtig?

Du brauchst die kompetenzbetonte Ausdrucksweise, um in Meetings, bei Präsentationen und in Gesprächen mit deinen Vorgesetzten klar zu signalisieren: Mit dir, deiner Fachlichkeit und deinem Know-How kann man rechnen.


Das "Rotstift-Prinzip" bremst uns aus

Leider regierte früher (und vermutlich auch heute noch) in der Schule der Rotstift. Dadurch hast du in der Jugend viele Informationen über deine Schwächen und Lernfelder erhalten - aber meist eher wenig aktive Bestärkung deiner Talente erfahren. Und um deine Stärken zu entwickeln und für dich arbeiten zu lassen, ist es wichtig, diese zu kennen und eigenständig zu benennen.

Du bist der Manager, die Managerin deines Lebens. 

Beruflich und privat. Und niemand sonst. Verwalte deine Energie, deine Stärken und dein Engagement so, wie es zu dir passt.

Und innere Überzeugungen, die dich ausbremsen und kleinhalten, die darfst du für die Zukunft verändern.

Damit wird dein Leben auch viel weniger anstrengend. Enorme, dauerhafte Anstrengung erzeugt nicht nur Stress, sondern ist auch ein Zeichen dafür, dass du NEBEN deiner Spur läufst.

Denk hier bitte noch mal an die Säulen der Positiven Psychologie aus Episode #59 von „Coffee or Tea“.
Die Positive Psychologie hilft dir, aus den Selbstzweifeln herauszufinden, weil sie dir einen Blick auf deine Stärken, Kraftquellen und dein inneres Wachstum ermöglicht. Das erzeugt viel mehr Leichtigkeit und viel mehr Lebensfreude.

Was in dir ist da, das echt, stark und vertrauenswürdig ist?

Menschen mit Hochstapler-Gefühlen neigen ja dazu, ihre Fähigkeiten zu unterschätzen.

Was zeichnet dich aus?

Ist es deine Liebe zum Lernen, deine Kreativität und dein Weitblick?

Deine Ausdauer und dein Enthusiasmus?

Deine Menschlichkeit und dein Mitgefühl?

Dein Sinn für Fairness und Teamarbeit?

Deine Vergebungsbereitschaft, deine Selbstregulation, deine Zurückhaltung?

Oder deine Begeisterung für das Schöne, dein Humor und deine hoffnungsvolle Perspektive?

Was sind deine ganz eigenen Stärken?

Denk auch noch mal an A+B=C.

In herausfordernden Situationen - was hast du aktiv gut gemacht? Welche positiven Bewertungen beschreiben dich zutreffend?

Das hat auch Auswirkungen auf deine positive Grundeinstellung.

Das Imposter-Syndrom kann auf Dauer eine pessimistische Grundeinstellung verstärken, da es Selbstzweifel, Angst vor Scheitern und Vermeidungsverhalten fördert.

Dagegen ist die positive Grundeinstellung die innere Haltung, die es dir ermöglicht, Herausforderungen und schwierigen Situationen mit Stabilität und einem konstruktiven und lösungsorientierten Ansatz zu begegnen.

Statt dich routinemäßig mit Selbstkritik zu überziehen, stelle bitte diese selbstkritischen Bewertungen als Echo der Vergangenheit oder, wie ich letztes Mal gesagt habe, als Gruß aus der Küche deiner Kindheit in Frage.

Wieder und wieder.

Du kannst auf diese Weise positive Emotionen dir selbst gegenüber trainieren.

Die positiven Emotionen sind dir in jeder Lebenslage nützlich. Sie erweitern deine Denkweise und verbessern die kognitiven Fähigkeiten wie Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten. 

Die gute Nachricht: 

Du musst kein anderer Mensch werden – du darfst lernen, der Wahrheit über dich mehr zu glauben als der Angst vor dem Scheitern.

Und damit wirst du mehr und mehr DU SELBST.

Du wirst zunehmend positive Erfahrungen mit dir und deiner Außenwirkung machen. Damit schraubst du langfristig deinen eigenen Grundumsatz an Positivität ein wenig in die Höhe.

Das klingt doch gut, oder?

Zum Abschluss habe ich ein Selbst-Coaching für dich, das du im Audio findest.

Es enthält vier Fragen, die du dir unbedingt regelmäßig stellen solltest. Höre einfach mal rein ab Minute 21:11

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Bis zum nächsten Mal alles Liebe,

deine Ursula

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